Frank Jugel und Miguel Canon von der TechnoTeam Bildverarbeitung GmbH aus Ilmenau.

„Ich habe es das Henne-Ei-Problem getauft“

Das #TABinterview mit Miguel Canon und Frank Jugel

Frank Jugel und Miguel Canon von der TechnoTeam Bildverarbeitung GmbH

Ilmenau und Bogotá trennen rund 9260 Kilometer Luftlinie. Für das #TABinterview mit Miguel Canon wären wir auch nach Kolumbien geflogen, allerdings hat sich der 28-Jährige für die Ruhe des Thüringer Waldes entschieden. Als Student ist er 2016 für ein Auslandssemester im Studiengang „Elektro- und Informationstechnik“ an die TU Ilmenau gekommen. In dieser Zeit absolvierte er ein Praktikum bei der TechnoTeam Bildverarbeitung GmbH. Seitdem blieb er lose mit Frank Jugel, dem Geschäftsführer, in Kontakt. Nach seinem Masterabschluss in Kolumbien hat er beschlossen, nach Thüringen zurückzukommen. Im Interview erzählen uns Miguel Canon und Frank Jugel vom Bedarf an innovativem Fachpersonal und dem Henne-Ei-Problem der Antragstellung.

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Herr Canon, was gab den Ausschlag, sich für Thüringen zu entscheiden?

Miguel Canon: Für mich war es eine schöne Überraschung, eine Forschungsgruppe hier an unserer Uni zu finden, die Lichttechnik und Farbtechnik studiert und für viele Paper verantwortlich war. Es gibt sehr wenige Personen, die an diesem Thema in Kolumbien arbeiten. Das ist ein Grund. Und Kolumbien hat 50 Millionen Menschen und 10 Millionen leben in meiner Stadt Bogotá. Da gibt es also immer ein bisschen Chaos, würde ich sagen. Mir gefällt zum Beispiel, dass ich hier ankommen kann mit dem Fahrrad und dass es eine sehr ruhige Stadt ist. Und die Arbeit hier gefällt mir auch.

Wie sind Sie zum TechnoTeam gekommen?

Miguel Canon: Ich habe ein erstes Semester „Elektrotechnik und Informationstechnik“ studiert und im nächsten Semester ein Praktikum absolviert.

Frank Jugel: Das war 2016 und Miguel hat sich ziemlich schnell in Themen, wie Leuchtdichte oder Farbmesstechniken, eingearbeitet. 2017 ist er zurück nach Kolumbien gegangen, um sein Studium zu beenden. Hier stand ihm aber immer eine Tür offen, daher habe ich mich gefreut, als er sich Anfang 2021 gemeldet hat und nach Deutschland zurückkommen wollte.

Wie ging es dann weiter?

Frank Jugel: Als er sich bei uns gemeldet hat, haben wir mit der Thüringer Aufbaubank Kontakt aufgenommen, denn wir kannten die FuE-Richtlinie zur Förderung von innovativem Personal von früheren Einstellungen. Der Antrag für Miguel war aber wirklich sehr speziell, denn dieser Fall ist so eigentlich nicht vorgesehen.

Was war die Besonderheit in diesem Fall?

Frank Jugel: Es ging schon los, dass die Postleitzahl von Bogotá im Antragssystem nicht erkannt wurde. Denn zur Antragstellung muss man eine Adresse aus Deutschland angeben. Außerdem gab es bei uns eine Verzögerung hinsichtlich der Einstellung, da sich die Botschaft in Bogotá sehr viel Zeit mit der Bearbeitung aller Unterlagen gelassen hat. Ich bin aber immer dran geblieben und irgendwann kannte die Mitarbeiterin unseren Fall auch schon. Ich habe es „das Henne-Ei-Problem“ getauft (lacht).

Können Sie uns das sogenannte „Henne-Ei-Problem“ genauer beschreiben?

Frank Jugel: Um die Förderung zu beantragen, muss auch eine Blue Card (Anm. d. Red.: Arbeitsgenehmigung) vorliegen. Diese erhält man aber erst, wenn der Arbeitsvertrag unterzeichnet ist. Den Arbeitsvertrag darf man aber erst unterzeichnen, wenn ein Förderantrag gestellt wurde. Das ist das Henne-Ei-Problem.

Frank Jugel und Miguel Canon von der TechnoTeam Bildverarbeitung GmbH

Um die Förderung zu beantragen, muss auch eine Blue Card vorliegen. Diese erhält man aber erst, wenn der Arbeitsvertrag unterzeichnet ist. Den Arbeitsvertrag darf man aber erst unterzeichnen, wenn ein Förderantrag gestellt wurde. Das ist das Henne-Ei-Problem.

– Frank Jugel, TechnoTeam Bildverarbeitung GmbH

Wie konnte die TAB dabei unterstützen?

Frank Jugel: Dank der TAB-Mitarbeiter haben wir diesen Fall gut lösen können, denn der Zuwendungsbescheid wurde mit der besonderen Auflage erlassen, dass die gültige Aufenthaltsgenehmigung und eine deutsche Wohnanschrift bei Vorhabensbeginn vorgelegt wird. Letztlich hat auch mit der kolumbianischen Botschaft alles geklappt, sodass wir einen Starttermin hatten. Wir haben dann noch zwecks Wohnungssuche unterstützt und Miguel konnte dann im Juni 2021 nach Deutschland einreisen.

Woran arbeiten Sie beim TechnoTeam, Herr Canon?

Miguel Canon: Ich habe ein paar Aufgaben. Wir versuchen jetzt die Messung von Farbkameras zu verbessern. Es gibt da zum Beispiel einen kleinen Fehler: Es ist unmöglich die perfekte Spektralempfindlichkeit für eine Kamera zu haben. Die Idee ist auch die Farbkoordinaten zu korrigieren. Und eine andere Aufgabe ist, ein System zu verbessern, um die Kameras zu kalibrieren, also Messungsunsicherheiten zu berechnen. Ich habe eine sehr große Beziehung zu den Themen, die wir hier bearbeiten. Thema meiner Masterarbeit war die Berechnung der Messunsicherheit bei der Farbtemperatur.

Frank Jugel: Woran Miguel arbeitet soll in einigen Jahren dazu führen, dass unsere Systeme für neuen Displays, AR- und VR-Displays, aber auch für „Automotive Displays“ eingesetzt werden können. Also haben wir immer Bedarf an innovativem Personal.

Und haben Sie sich schon wieder gut in Ilmenau eingelebt?

Miguel Canon: Ja, es gab ein paar Freunde, als ich 2016 hierhergekommen bin, sie sind jetzt im Master oder Doktoranden. Ich habe auch eine kleine Arbeit im Institut für Nanotechnologie. Und auch in der Gemeinde in der Kirche habe ich sehr viele Freunde.

Frank Jugel: Leider machen wir das zurzeit nicht, aber für unsere nicht-deutschsprachigen Mitarbeiter haben wir auch eine Lehrerin engagiert, die Deutsch vermittelt. Aber eben nicht nur in Theorie und Grammatik, sondern wie Deutsche so ticken. Sie hat die Leute dann auch mal mit nach Hause genommen, um zu zeigen, wie man in Deutschland so wohnt und kocht und backt. Das geht wegen Corona aktuell leider nicht mehr.

Was unterscheidet denn die Deutschen von den Kolumbianern?

Miguel Canon: Oh, sehr viel. Zum Beispiel sind die Kolumbianer sehr freundlich und für die Deutschen ein bisschen verrückt. Sie lachen immer, sprechen sehr laut, aber sind zufrieden, obwohl die Situation nicht gut ist. Und die Deutschen sind sehr ernst und immer ehrlich, glaube ich. Aber in Kolumbien bin ich auch immer super ernst. Meine Freunde sagen, dass ich deswegen gut mit den Deutschen kann. Aber der Weg, wie sie arbeiten, gefällt mir sehr gut.

Also würden Sie sich wieder entscheiden nach Deutschland zu kommen?

Miguel Canon: Ja!

Herr Jugel, wie sieht es bei Ihnen aus, nach den Hürden der Antragsstellung?

Frank Jugel: Ja, ich würde es auch nochmal machen. Ich weiß ja jetzt, wie es geht.

Vielen Dank für das Gespräch!

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